Skandinavien

Die Anreise

Meine bevorzugte Anreise-Strecke führt über zwei Fähren ins gelobte Land: Puttgarden/Rødby und Helsingør/Helsingborg

Möglicherweise ändert sich das irgendwann, denn in dem Bereich werden Brücken hingestellt, als gäbe es sie bei Aldi im Sonderangebot. Der Große Belt ist bereits überspannt (Nyborg/Halsskov), mit einem wahrhaft gigantischen Bauwerk! Auch nach Malmö entstand südlich von Kopenhagen eine Brücke. Puttgarden ist auch schon im Gespräch.

Die Querung der dänischen Inseln finde ich trotz der mittlerweile ausprobierten Variationen eher langweilig. Eine Alternative dazu stellt die Fähre Hirtshals/Kristiansand dar. Dies erkauft man sich aber mit dem Nachteil Dänemark der Länge nach durchfahren zu müssen. Das erste mal war das nicht so schlimm, später fand ich das nur noch überflüssig.

Die übelste Etappe überhaupt, an die ich mich erinnere, fand auch auf diesem Abschnitt statt. Um der Sache etwas Pepp zu geben, fuhr ich nachts. Ich hätte nie gedacht, einmal beim Moppedfahren mit dem Schlaf zu kämpfen! Immer wieder musste ich stoppen, sehnte die nächste Raststätte herbei. Dänemark kann verdammt lang sein. Die 4 Stunden Überfahrt nach Norwegen verliefen dann bei starkem Seegang auch anders als geplant – es gab nur wenig Schlaf. Geschickterweise sind alle Sessel auf dem Kahn zu kurz gewesen, um in brauchbarer Haltung den Kopf anlehnen zu können. Manche Leute fanden eine ruhige Ecke in einem Gang und hatten einen Schlafsack dabei. Andere holten sich etwas zu Essen, ließen es dann aber nach wenigen Bissen stehen 😐

Aber es gibt noch eine Aternative. Die Fähre Saßnitz/Trelleborg dauert zwar auch 4 Stunden, erspart einem Dänemark jedoch vollständig.

Alle Dänemark-Fans werden empört aufschreien, wenn ich jetzt noch zugebe, zur Durchreise meistens nur Autobahnen zu benutzen. Doch was soll ich zu meiner Entschuldigung vorbringen, wenn Dänemark nur im Abschnitt „Anreise“ genannt wird? Immerhin habe ich Deutschland gar nicht erst erwähnt.

Der Inlandsvägen

Im Westen Skandinavien führt die E6 die norwegische Küste entlang, im Osten Schwedens klebt die E4 am Wasser und genau in der Mitte befindet sich der schwedische Inlandsvägen. Die beiden Küstenstraßen sind auf Dauer nicht so toll, besonders die E4 hat den Character einer nicht enden wollenden Autobahn.

Im Landesinneren findet man freilich immer die eine oder andere Strecke, die von Süd nach Nord führt. Doch der Inlandsvägen beginnt schon in Halmstad (zwischen Mälmö und Göteborg) und reicht bis Karesuando in Lappland. Dabei verläuft er einigermaßen geradlinig. Um ihm zu folgen, muss man selten auf die Karte sehen, obwohl er nicht direkt ausgeschildert ist.

Nach dem ersten Tage auf dieser Route 45 (ehemals 88) hoffe ich, dass diese Straße nie enden wird. Und tatsächlich, nach einer Übernachtung fahre ich am nächsten Morgen weiter bis zum Abend, übernachte, fahre am nächsten Morgen weiter bis zum Abend..
Der „Weg“ führt durch Wälder und sumpfige Ebenen zwischen Hügeln. Immer wieder kommt man an Seen und Flüssen vorbei. Zur Auflockerung bieten sich Abstecher ins westliche Gebirge an. In den Stora Sjöfallets Nationalpark beispielsweise.

So richtig „on the road“ fühle ich mich ab Östersund (Höhe Trondheim). Bis dahin kann man schon einiges von Schweden aufnehmen und verinnerlichen. Der Straßenverkehr ist gering und es gibt keine Hektik mehr.

Der Lysefjord

Hier gibt es zwei Attraktionen, die locker Highlights vom Schlage eines Trollstiegen ausstechen. Und die Brent Spar steht (stand?) auch gleich noch im Nachbarfjord.

Wer einen Fußmarsch nicht scheut, begibt sich ans Westende des Fjords. Dort darf er sich auf den Prekestolen setzen und mit den Beinen schaukeln. Prekestolen steht in etwa für „Predigerstuhl“ und setzt etwas Mut beim Predigen voraus. Die Füße befinden sich bei dieser Aktion 600m über dem Wasser des Fjords. Die meisten Besucher – mich Flachlandtiroler eingeschlossen – legen sich daher nur flach auf den Bauch, um gerade eben mit dem Kopf über die Kante zu linsen. Ist ein wunderbares Gefühl!

Ist man mit der ersten Übung unterfordert, marschiert man zum Kjeragbolten, welcher sich am Ostende befindet (links im Bild bei Nebel). Dieser Bolten ist ein rundlicher Fels von 2 oder 3m Durchmesser, der zwischen zwei senkrechten Felsen eingeklemmt ist. Das Besondere daran ist, dass erstens die seitlichen Felsen auf eine Höhe von 1000m senkrecht sind und zweitens ein Pfad zu diesem eingeklemmten Felsen führt.

Derzeit war ich in dickem Nebel dorthin gestapft, nur mit Mühe über mehrere Stunden den Wegmarkierungen folgend. Es war relativ einfach, auf den Kjeragbolten hinüber zu gehen, denn nach unten war nichts als Nebel bzw. Wolken zu sehen. Dort tanzten dann dicke Wassertropfen in der Luft, langsam nach oben schwebend. In dem Moment wurde mir noch eindringlicher klar, dass unter mir nur der runde Fels war…

Die Rentiere

Geradezu kennzeichnend für das nördliche Skandinavien sind die Rentierherden. Der ganze Nordteil Finnlands ist offiziell Rentierzuchtgebiet und auch jenseits der Grenze in Schweden und Norwegen begegnet man immer wieder Rentieren. In Hammerfest können sie schon mal über die Zeltschnur stolpern.

Traditionell ziehen die Lappen mit ihren Herden zum Sommer nach Norden, um den Mücken zu entkommen. Ursprünglich gab es praktisch keine Staatsgrenzen, die für Lappland relevant waren. Als jedoch große Teile Finnlands an Russland verloren gingen, verlief plötzlich eine unüberwindliche Grenze quer durch Lappland.

Die Rentiere beanspruchen riesige Areale, trotzdem sind manche Gegenden überweidet. In manchen Gegenden begrenzen endlos lange Zäune die Weidegründe. An solchen Stellen ist der Unterschied der Vegetation links und rechts des Zaunes u.U. sehr auffällig. Auf dem steinigen Boden, der monatelang unter Schnee verborgen ist und auch im Sommer oft von kaltem Wind überstrichen wird, wachsen nur kleine Pflanzen. Meist sind es Moose oder Gräser, die sehr langsam nachwachsen. Die Spuren von Bauarbeiten bleiben jahrelang erhalten, als sei erst gestern die Erde aufgerissen worden.

Hammerfest

Die norwegische Hafenstadt Hammerfest zieht mich immer wieder an. Weshalb? Weiß der Teufel. Oft riecht es nach Fisch und die Gebäude der Stadt wirken auch im Sommer recht frostig.

Hammerfest war die erste Stadt mit elektrischer Straßenbeleuchtung. Und heute sind über die Hauptstraße etliche Transparente mit Begrüßungen in unterschiedlichen Sprachen gespannt. Man gibt sich also freundlich.

Ein Highlight ist der Campingplatz in der Stadt. Er befindet sich in unmittelbarer Nähe der Innenstadt an einem kleinen See. Mit etwas Glück kann das Zelt direkt am Wasser platziert werden. Unweit davon befindet sich ein Berg mit einer Sendeanlage auf dem Gipfel. Es ist eine hübsche Aufgabe, dorthin zu wandern. Alternativ sucht man zum Zeitvertreib den Hafen auf und sieht sich das rote Feuerwehrschiff an. Den Markt mit seinem Touristenrummel kann man ignorieren. Auf der anderen Straßenseite führt ein Serpentinenweg eine steile Felswand empor.

Folgt man der Hauptstraße ein paar km um die Bucht herum, gelangt man zu einem weiteren Stadtteil. Hier gibt es industrielle Hafenanlagen und z.B. eine Schule in einem Gebäude von ziemlich moderner Architektur.

Gamvik

Nun, Gamvik und Mehamn befinden sich am nördlichsten Festlandpunkt Europas (das Nordkapp hingegen liegt auf einer Insel). Die Nordkinn Halvoeja ist über ein denkbar kleines Stück Erde mit dem Festland verbunden. Diese wenigen 100m sind leicht zu überblicken und erwecken keinen dauerhaften Eindruck. Dennoch genügt dies, den Festlandstatus aufrecht zu erhalten.

Auf der „Halbinselseite“ geht es gleich steil hinauf. Oben angelangt begibt man sich in eine karge Landschaft aus Hügeln, Steinen und etwas Gras. Genau das macht die Faszination dieser Gegend aus. Der Reisende ist verlassen am Ende der Welt.

An der Nordküste erreicht man über Mehamn schließlich Gamvik. Ein Leuchtturm steht dort, wo sich die Straße in einen Feldweg verliert. Am Strand vergeht die Zeit bis Mitternacht – die beste Zeit, die Sonne zu genießen.

Wer auf dem Hinweg schnell noch in Ifjord getankt hat, kommt auch wieder dorthin zurück. In Mehamn gibt es auch eine Tankstelle; diese Zapfsäulen gehören aber zu einem Laden, der nur zu den üblichen Zeiten geöffnet hat. Für Notfälle gibt es eine Telefonnummer.

Grense Jacobselv

Einer der reizvollsten Flecken ist für mich die Ansiedlung Grense Jakobselv im Nordosten Norwegens. Direkt an der Barents-See und der russischen Grenze stehen ein paar Holzhäuser samt Kirche. Große Felsen liegen am Wasser und laden an einem sonnigen Tag dazu ein, aufs Meer hinaus zu sehen.

Nordwestlich kann man bei gutem Wetter die Varanger-Halbinsel sehen; rechts, auf der anderen Seite des Grenzflusses stehen vereinzelt Wachtürme. Ende der Unendlichkeit. Hier führt die „dirt road“ nicht mehr weiter. Bis Kirkenes geht es auf dem selben Weg zurück.

Unweigerlich muss ich diesem abgeschiedenen Flecken die Ehre erweisen.


Mantorp 2004 • Drag-Racing: Veidec Nitro Festiva
Övre Fryken 2001 • Der lang gestreckte See Övre Fryken liegt nördlich des Vänern
Varangerhalvøya 1999 • Grense Jakobselv, Vardø, Båtsfjord, Gamvik, Nordkapp, Hammerfest, Alta
Lappland 1998 • Quer durch Lappland bis zum Inari-See, Lofoten, Lyse-Fjord
Berlevåg 1997 • Umeå, Waasa, Kuusamo, Inari, Grense Jakobselv, Vardø, Berlevåg, Hammerfest, Luleå
Südnorwegen 1996 • Tigerkopf: Nachts durch Dänemark, Fähre Hirtshals-Kristiansand, Kjeragbolten, Preikestolen
Gamvik 1995 • Grense Jakobselv, Pasvik, Vardø, Gamvik
Hammerfest 1994 • Inlandsvägen, Hammerfest
Rundtour 1991 • Kirkenes, Grense Jakobselv, Nordkapp, Tromsø, Trollstiegen, Jotunheimen