Auftrag „Weser“

Der Auftrag

Diese Mission soll klären, wo all das Wasser herkommt, das bei Bremerhaven in die Nordsee fließt.

Da abstrakte Informationsquellen wie Google Maps oder gedruckte Landkarten nur ein interpretiertes Abbild der Realität sind, sollen die Erkundungen mittels persönlicher Inaugenscheinnahme durchgeführt werden.

Aufgrund der zu erwartenden Reisetätigkeit steht dem Agenten als Transportmittel ein Kraftrad zur Verfügung. Für den Erwerb der während der Mission erforderlichen Betriebsstoffe wird der Agent mit umfangreichen Geldmitteln ausgestattet.

Um dem Verlauf des Fließgewässers möglichst einfach folgend zu können, soll die Erkundungsfahrt über jede Brücke und jede Fähre führen. Die zugehörigen Koordinaten sind vorbereitend zu ermitteln und in Form einer GPX-Datei dem zu verwendenden GPS-Gerät vorzugeben.

Der Himmelsweg

Leider führen die Straßen nicht beständig an einem Ufer entlang. Da vom Boden aus der Flussverlauf nur schwer verfolgt werden kann, wird jede Gelegenheit genutzt, die Situation aus der Höhe heraus zu beurteilen.

Der Weser-Skywalk bei Bad Karlshafen bietet optimale Voraussetzungen für derlei Tätigkeiten. Nicht einmal nach unten ist der forschende Blick eingeschränkt.

Der Rückschlag

Bisher hält der Agent den Fluß Weser für das alleinige zu untersuchende Objekt. Bei Hannoversch Münden beginnt die Weser, dennoch ist die Mission hier nicht beendet. Nur wenige Schritte von der erschöpft aufgesuchten Herberge entspringt die Weser nicht wie angenommen einer gewöhnlichen Quelle, sondern entsteht aus der Vermengung zweier kleinerer Flüsse: Fulda und Werra. Ein Gedenkstein, Weserstein genannt, weist auf diesen Umstand hin. Die Untersuchungen sind demnach noch nicht abgeschlossen.

In welche Richtung soll die Reise fortgesetzt werden? Eine schwere Entscheidung steht an. Letztlich fällt die Wahl auf die Werra, weil diese den Namen „Weser“ prägte.

Die Entdeckung der Quelle

Im Süden des Thüringer Waldes, im Dörfchen Sachsenbrunn überquert der Agent noch einmal die Werra. Diese tritt hier nur noch als besserer Bach in Erscheinung. Von nun an muss er sich an Hinweisschildern für Wanderer orientieren. Glücklicherweise wird ein asphaltierter, wenn auch sehr schmaler, Weg ausgewiesen, welcher vom Kraftrad mühelos bezwungen werden kann. Er führt durch eine anscheinend verlassene Hotel- oder Ferienheimanlage. Diese wird sich vermutlich in wenigen Jahren unter Geocachern als Lost Place großer Beliebtheit erfreuen. Steil den Berg hinauf geht es in den tiefen Wald hinein.

Plötzlich taucht am rechten Wegesrand ein rot umrandetes Verkehrsschild auf, welches aber unmöglich ernst gemeint sein kann, denn der Asphalt ist vorzüglich, und außerdem regnet es schon seit einer Stunde. In der sich im weiteren Verlauf bestätigenden Meinung, heute gewiss keine Wanderer zu stören, setzt der Agent unbeirrt seine Fahrt ins Ungewisse fort. Alsbald erscheint ein weiteres Verbotsschild, welches forstwirtschaftlichen Fahrzeugen die Durchfahrt jedoch erlaubt. Nun macht sich die erst kürzlich erfolgte Ausstattung des Krades mit Handprotektoren bezahlt. Jene zur Abwehr von Zweigen geeigneten Vorrichtungen verweisen eindringlich auf den Einsatz in Wald und Flur, wenn auch das grüne KFZ-Kennzeichen verwehrt bleibt. Weiter hinauf geht es. Schließlich lichtet sich das Grün, und die Werraquelle erscheint an einem ebenen Platze. Es ist vollbracht.

Die Zugabe

Als Abschluss der umfangreichen Exploration beschließt der Agent auf dem Rückweg noch schnell in Ferropolis vorbei zu schauen. Auf der zwischen Bitterfeld und Wittenberg liegenden Halbinsel im ehemaligen Tagebau Golpa-Nord kann damals verwendetes Großgerät besichtigt werden.

Der Anblick beflügelt die Phantasie; nachträgliche Anpassungen des Flußverlaufs von Weser, Werra und Fulda scheinen möglich.

Das Fazit

Die Ausdehnung des fraglichen Gewässers ist nicht nur in dessen Breite, sondern auch in der Länge begrenzt. D.h. es gibt einen Anfangspunkt, auch Quelle genannt, und einen Endpunkt, die Mündung. Der Verlauf des Flussbettes von der Quelle bis zur Mündung entspricht zumindest ungefähr dem in handelsüblichem Kartenwerk eingezeichneten.

Die Herkunft all des bei Bremerhaven in die Nordsee fließenden Wassers konnte dennoch nicht vollständig ermittelt werden, weil die ermittelte Quelle des Fließgewässers signifikant weniger Wasser pro Zeiteinheit liefert, als bei Bremerhaven ankommt.

Im Rahmen der Schlussbetrachtung wird folgende Theorie aufgestellt:
Nicht nur das der Quelle entspringende Wasser füllt im weiteren Verlauf das untersuchte Flussbett, sondern auch das anderer Fließgewässer. Dies würde erklären, weshalb der Strom flussabwärts immer breiter in Erscheinung tritt, ohne dass eine einzelne Stelle gefunden werden kann, an welcher der Fluß von ca. 5 cm auf deutlich mehr als 1 km expandiert. Verallgemeinernd kann die Beteiligung einer großen Anzahl kleiner, unauffälliger Quellen vermutet werden.

Um Gewissheit in diesem außerordentlich wichtigen Punkte zu erlangen, werden zahlreiche, weitere Expeditionen erforderlich sein.