Varadero XL1000

Weshalb nur schon wieder eine andere Maschine?
Ganz einfach: Höher, schneller, weiter!

Nun, ganz so einfach ist das nun doch nicht. Eigentlich liegt es an der besten aller Sozias. Wenn in Budapest alle naselang das Federbein durchschlägt und auf hiesigen Landstraßen zum Überholen ungewohnt hoch gedreht werden muss, überlegt man, ob da nicht etwas zu machen wäre.

Also: Mehr Federweg bedeutet Enduro und weniger Hektik bedeutet 1000 Kubik. BMW-Boxer sind teuer und haben abstehende Ohren, Caponords sind selten und V-Stroms Rentnerschaukeln (sagt die Sozia). Logische Folgerung: Varadero! Ist sowieso die schönste (sagt die Sozia).

Nun ist es also eine Honda XL1000V Varadero von 1999 in silber und dunkelgrünem Effektlack, der manchmal blau oder sonst wie schimmert. Hauptständer und Griffheizung sind auch vorhanden, dazu eine MRA-Varioscheibe. Ein Sturzbügel wurde auch noch geordert, man weiß ja nie. Ob der obligatorische Scott-Oiler noch angebaut wird, weiß ich auch noch nicht; bei der SR500 war das abgeschleuderte Öl ja doch ziemlich lästig. Da er aber immer noch nicht dran ist, wird das wohl auch nichts mehr. Zunächst geht’s erstmal recht gut mit S100. Tja, um die lange-Kilometer-Tradition fortzusetzen sind schon beim Kauf 52.000km auf dem Tacho.

Wie sie sich so fährt

Ist ja ein recht schwerer Brocken, so eine Großenduro. Aber halb so wild – beim Fahren merkt man’s nicht übermäßig und wenn man mal rückwärts von der Wiese muss, gibt es ja noch die Sozia 🙂

Zielgenau geht es durch die Kurven, hoch schwebt der Reiter über dem Asphalt, und weit beugt sich die Maschine in Schräglage nach innen. Alles Gewöhnungssache. Besonders angenehm: Bodenwellen in Kurven lassen das Gefährt völlig kalt – kein Wackeln oder Schwanken, nur eine Unebenheit eben.

An einer Dose vorbei? Einundzwan… – fertig. Aber vorher runterschalten, damit der Motor nicht untertourig auf der Kette hackt. Bald dunkelt es, der Tag war lang – vielleicht per Dosenbahn zurück? Kein Problem, bei Topspeed kann man vorne sogar den Kopf drehen! Nun, an die 10 Liter Benzin auf 100km laufen da schon mal durch die Vergaser, bei nur wenig zurückgenommenem Quirl, also 180-200 Sachen Reisegeschwindigkeit (Spitze 210). Das macht man zwar nicht jeden Tag, aber es will ja mal ausprobiert sein 🙂 Sehr ungünstig wirkt sich auch Kälte aus. Die genannten 10l gehen unter 0 Grad Celsius schon bei Dauertempo 150 durch die Düsen. Und ein Viertel Öl auf 1000km ist auch dabei.

Die MRA-Scheibe hält eine Menge Wind ab, fabriziert allerdings auch Lärm am Helm. In der tiefsten Position ist es sogar noch lauter, als ganz oben. Um den Helm frei in den Luftstrom zu bekommen, muss ich mich in die Rasten stellen. Leichtes Abducken ist noch besser – dann wird es still. Aber will man das auf so einem Schiff?

Ein weiterer Nebeneffekt der hohen Scheibe ist das Abhalten der Kälte in der Wintersaison. Zusammen mit den kleinen Handprotektoren, der Griffheizung und dem wuchtigen Kühler, der die Luft zum großen Teil an den Knien vorbei lenkt, ist die Maschine ein prima Winter-Bike. Bei 5°C braucht man keinen besonders dicken Pullover zusätzlich zum Jackenfutter. Den nimmt man bei minus 5°C, zusammen mit dicken Socken – man möchte ja nicht frieren. Doch warten wir den Sommer ab!

Schön auch der Doppelscheinwerfer und das doppelte Rücklicht. So wird man bei Ausfall eines Birnchens nicht gleich blind und unsichtbar. Weniger schön der Hauptständer, denn die Geometrie ist so unglücklich, dass man sehr viel Kraft benötigt. Schwung und Trick finden ihre Grenzen in der unnötigen Höhe, auf die das Hinterrad gewuppt werden will.

Und das Gepäck? Ganz einfach: Ein Koffer pro Nase und ein kleinerer Behälter (z.B. der alte Tankrucksack) auf den Gepäckträger. Fährt nur eine Nase, wird der einzige Koffer als Topcase montiert. Das hält die Fuhre relativ schlank. Mir gefällt das K-Wing-System von Krauser am Besten. Umfangreiches Rohrgeflecht will ich nicht am Mopped haben, wenn ich ohne Koffer unterwegs bin. Vielleicht noch mit verlegten Blinkern – nee, nee. Eine Alternative wäre noch das Trägersystem von SW-Motec, bei dem die Rohre per Bajonetverschluss schnell abgenommen werden können. Es bleiben aber recht unbeholfen wirkende Stahlstummel übrig; sie sehen aus, als hätte man die Flex angesetzt.

Hege und Pflege

Wartung alle 6000 km, aber Pillepalle. Ölwechsel etc. ist nur alle 12.000km fällig. Die Ventilspiel-Kontrolle alle 24.000km fällt allerdings recht kostenintensiv aus. Um an die Ventildeckel zu gelangen, muss man das halbe Motorrad auseinander nehmen – und wieder zusammen bauen. Unzählige Schläuche baumeln an den Vergasern, an manche Schrauben kommt man kaum heran. Das macht wirklich keinen Spaß. Musste mich beim Mech quasi dafür entschuldigen, ihn das machen zu lassen. Bei der NTV erledige ich das vor dem Haus „mal eben“ selbst…

Es gibt Reifenfreigaben für Metzeler Tourance und andere up-to-date-Reifen. Der zunächst vorhandene Michelin T66X ist bei Regen etwas schwach. Dreht man entsprechend am Quirl, wackelt die Maschine selbst im 4. Gang ab 5000 Touren mit dem Hinterteil. Jedenfalls, wenn keine Sozia das Hinterrad beschwehrt. Der daraufhin montierte Tourance ist zumeist unauffällig, ich frage mich aber, ob ein Michelin Pilot Road mit dem manchmal untersteuernden Vorderrad besser zurecht käme.

Erstmalig in diesem Winter verstecke ich ein Mopped unter einer Pelerine. Es wird sich zeigen, ob das vor Rost schützt. Auf alle Fälle bedeutet es zusätzliche Arbeit, will man mal eine Runde drehen.

Reifen auf die Umständliche

Es ist ja nichts ungewöhnliches, neue Decken zu besorgen. Hab‘ ich schließlich schon ‚zig mal geübt. An den bisherigen Wohnorten war auch immer eine größere Reifenhandels-Kette vertreten. Das lief i.d.R. sehr gut: Reifen bestellen, Rad abschrauben, hinbringen, abholen oder gleich darauf warten. Die Preise waren auch erträglich.

Aber man sucht ja gerne mal die Herausforderung. Vor Ort ist jetzt kein günstiger Reifenwechsler und die Pneus der Varadero sind auch nicht gerade schmächtig, was sich 1:1 im Preis niederschlägt. Also ist eine Preisumfrage angesagt, und die Strategie ist zu überdenken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zum Ausbau des Vorderrades ein Montageständer nötig ist. Eine Getränkekiste, wie bei den bisherigen Bikes bemüht, taugt leider nicht.

Benötigt werden gleich beide Reifen, und einen Montageständer möchte ich mir nicht extra zulegen. Also die Luxuslösung: Reifen mit Montage am Bike. Der nächste Honda-Händler verlangt dafür 305 Euronen. Der lokale, markenfreie Schrauber ist mit 290 Euro auch nicht wesentlich günstiger. Hagemann und Grip schneiden mit 268 bzw. 261 Euro schon besser ab. Ein Zufall spült mich in eine Viborg-Filiale. Die Montage bieten sie zwar nicht an (nur in anderen Filialen), möchten für die Decken aber nur 202 Euro sehen. Also ab zum „local Dealer“ und gefragt, ob er nicht zu normalem Stundenlohn montieren möchte, die Reifen bringe ich mit. Möchte er, soll 45-50 Euro kosten. Prima!

Also rufe ich bei Viborg an, um zu bestellen. Der vordere ist leider für 1-2 Monate „aus“, bis bei Metzeler wieder die Produktion anläuft. Tolle Wurst. Der hintere sei aber sofort lieferbar, heißt es – also los! Anschließend im Internet nach dem vorderen Ausschau gehalten, ganz easy: www.mopedreifen.de hat freundliche Preise, 178 Euro wären es für beide. Und, ob sofort geliefert werden kann, wird direkt angezeigt: grün! Ich bestelle den vorderen und bezahle 6 Euro Versand, weil der Warenwert unter 100 Euro liegt. Hätte bei Viborg konsequent alles stornieren sollen.

Wenige Tage später ist nicht nur Geld vom Konto abgebucht, sondern auch der vordere Pneu wird geliefert. Was den hinteren angeht, telefoniere ich nach zwei Wochen, um die Bedeutung von „sofort lieferbar“ zu erfragen. Das Teil sei schon seit Tagen unterwegs, lautet die Antwort, nur mit dem Ankommen hapert es. Man ordert umgehend einen weiteren. Dieser erscheint wie durch ein Wunder nach nur 2 Tagen.

Das Material ist also da. Nun ab zum Schrauber meines Vertrauens, um die Decken abzugeben und einen Termin zu machen. Letzteres geht leider nicht, weil die Reifenmontier-Maschine defekt ist. Das Ersatzteil soll in Kürze geliefert werden. Dabei bleibt es dann, bis eine Woche vor Abfahrt zur Südfrankreich-Tour.

Also wieder hin, die Decken abholen, um sie am nächsten Montag auf’s Mopped zu schnallen. In Hamburg werden sie endlich montiert. Nicht, dass man über die mitgebrachten Reifen sehr erfreut wäre, aber es läuft dann doch reibungslos. Nach einer Stunde ist es vollbracht.

Warum nur nicht gleich so?

Was alles so anlag

9/2003
52Mm
Entdeckt und sofort gekauft für 5500€ (bei motofun in Hamburg-Kaltenkirchen)
Dunkelgrüner Effektlack, MRA-Scheibe, Hauptständer (SW-Motec), Griffheizung
TÜV neu, Ölwechsel, Bremsflüssigkeit v/h neu, Bremsbeläge v/h neu
9/2003
52Mm
Kleiner Spiegel gegen den toten Winkel (Louis, 13€)
Sturzbügel von Hepko & Becker (Louis, 174€)
Pelerine „Louis“ (10€); sowas hat es für meine Bikes bisher nicht gegeben
1.1.2004
56Mm
Bisher ca. 3800km Spaß gehabt 🙂
1/2004
56Mm
Krauser-Koffer K4 und Top-Case-Platte (Bike-Station Buxtehude, 240€)
Magnet-Kartentasche (Polo, 13€)
Haltegriff zum Auf-den-Hauptständer-wuchten von SW-Motec (Zweiradtechnik Böttcher, 15€); bringt leider weniger, als erwartet, weil der Fußhebel des Hauptständers zu weit hinten liegt
3/2004
56Mm
Reifen vorne, Metzeler Tourance (www.mopedreifen.de, 71€)
Reifen hinten, Metzeler Tourance (Viborg, 120€)
Montage (Hagemann, 62€)
…und mal kurz nach Südfrankreich…
4/2004
62Mm
Kettensatz mit Montage (Honda Harburg/Wenzlaw, 249€)
5/2004
63Mm
Zündkerzen NGK DPR8EIX9 (40€), Öl mit Filter (42€),
Fehlersuche: Extremes Auspuffknallen nach Schiebebetrieb
Kontrolle der Vergaser, 2 Dichtungen der Auspuffrohre sind undicht (Zweiradtechnik Böttcher, Arbeit 120€);
Reparatur muss mangels Ersatzteile verschoben werden.
Mittlerweile knallt sie schon während des Schiebens, aber nicht mehr so laut.
6/2004
64Mm
Dichtungen der Auspuffrohre ersetzt (Material 111€), Vergaser korrigiert, Luftfilter (51€) ersetzt (Zweiradtechnik Böttcher, 3,5h Arbeit 162€);
Was für ein Aufwand! Immerhin läuft das Schaukelpferd jetzt deutlich geschmeidiger und ruhiger.
1/2005
67Mm
Eine neue Saison!
6/2005
69Mm
Kofferträger und ein zweiter Krauser K4 (Lagerware bei Louis, 350€).
Nun ist alles klar für mehrtägige Fahrten – für jeden ein Koffer, Ausbaureserve auf der Gepäckbrücke. Die Koffer verbreitern die Fuhre von 80cm auf fast 115cm.
9/2005
71Mm
Bremsbeläge hinten gewechselt (EBC FA 261 HH, ZTKönemann, 49€) – geht wunderbar einfach in wenigen Minuten, nur die anti-quietsch-Bleche der Rückseiten passen nicht mit dazwischen – sonderbar! Quietscht aber trotzdem nicht und bremst prima.
9/2005
71Mm
Der TÜV-Onkel war wieder lieb (33€), aber die ABE der MRA-Scheibe wollte er schon sehen.
1/2007
72Mm
In 2006 fast garnicht gefahren – es war auch sonst kein gutes Jahr
4/2007
72Mm
Neuer Pneu für’s Hinterrad (Metzeler Tourance), Motoröl samt Filter gewechselt, Kühlmittel neu, Ventilspiel geprüft (alle OK), Vergaser synchronisiert (alles in einem Abwasch bei A. Päudler, 483€)
9/2007
74Mm
Motor bleibt in München stehen, Transport per ADAC zur nächsten Honda-Werkstatt
Benzinpumpe und Benzinpumpenrelais neu, außerdem Kupplungszug neu (Motostar München, insgesamt 475€)
10/2007
75Mm
TÜV, AU, Lasche des Bremsverteilers geschweißt, Bremsanlage neu befüllt, Bremsbeläge vorne erneuert, Simmmering der Schaltung erneuert (343€)
1/2008
75Mm
Und so beginnt ein neues Jahr…
1/2008
75Mm
Halterung für’s eTrex-GPS (BIKERTECH): Schelle mit abnehmbarer Grundplatte (RK-Klick-1, 34€) und Schale für das eTrex (GA-ETX, 29€)
11/2008
76Mm
Da wir inzwischen ein 04/10-Kennzeichen haben: Batterie in den Keller gestellt, die Gabel etwas eingeölt, die Kette nachgefettet, Räder freischwebend aufgebockt – das war’s für dieses Jahr!
5/2010
77Mm
Nach dem nicht enden wollenden Winter sind eine neue Batterie und die hintere Bremsscheibe samt Sinterbelägen fällig (318 €), TÜV und ASU ebenso (39 €, alles durch A. Päudler erledigt).
9/2010
78Mm
Nun, nach 26Mm, ist die Zeit der hochbeinigen Varadero in diesem Stall vorüber.
Sie dient – wie die NTV – zur Finanzierung der Bandit.